Quartierverein Wiedikon

«Auch in der Schweiz können Frauen im Spitzensport erfolgreich sein»

Pascale Walker, 24, Schweizer Nachwuchshoffnung im Rudersport Pascale Walker, 24, Schweizer Nachwuchshoffnung im Rudersport
Die 24-jährige Wiedikerin Pascale Walker gehört zu den grossen Nachwuchshoffnungen im Schweizer Rudersport. Sie gilt im Elite-Kader als beste Frau nach Weltmeisterin Jeannin Gmelin. Der Quartierverein hat ihr einige Fragen gestellt zu ihren sportlichen Zielen, zum Lockdown, zur Arbeit als Floristin und zum Kreis 3, wo sie seit ihrer Geburt lebt.

Pascale, die Olympischen Spiele Tokio 2020 sind um ein Jahr verschoben. Was bedeutet das für dich?
Ich bin wohl eine der wenigen Sportlerinnen, für die das ein Glücksfall bedeutet, weil ich so eine neue Chance erhalte, mich zu qualifizieren. 2020 hätte ich die Qualifikation wahrscheinlich verpasst. Nun habe ich ein Jahr mehr Zeit, um zu trainieren.

Wieviele Stunden trainierst Du pro Woche?
Zwischen 15 und 25 Stunden.

Und wie setzt sich das Training zusammen?
Der grösste Block ist Rudern, der zweitgrösste Krafttraining, dann Joggen und Ergometer (Rudern auf dem Gerät). Manchmal kommt noch Velofahren hinzu.

Trainierst Du allein oder zusammen mit deiner Ruderpartnerin?
Bis vor zwei Wochen habe ich alleine trainiert. Jetzt im Dreiergrüppli im Ruderclub am Zürichsee. Am Freitag, Samstag und Sonntag trainieren wir in Sarnen in der Fünfer-Gruppe.
Pascale mit ihrer früheren Partnerin Valerie Rosset (Foto Alexandra Wey, Tagesanzeiger) Pascale mit ihrer früheren Partnerin Valerie Rosset (Foto Alexandra Wey, Tagesanzeiger)
Müsst Ihr dabei einen Mindestabstand einhalten?
In der Lockdown-Phase war Einer- und Zweierrudern erlaubt, weil man hintereinander sitzt, obwohl der Abstand weniger als zwei Meter ist. Jetzt dürfen wir auch im Vierer rudern. Im Krafttraining hingegen müssen wir die 2-Meter-Regel einhalten.

Gab es Covid-19-Infizierte im Rudersport?
In der Schweiz kenne ich niemanden.

Hast Du dich testen lassen?
Nein. Eine Person, die Grippe hatte, musste sich testen lassen. Doch das Ergebnis war negativ. Wäre der Betreffende positiv gewesen, hätten wir alle den Test machen müssen.

Hattest Du Angst, dich anzustecken?
Nein. Ich hatte eher Angst, dass ich selbst (ohne Symptome zu haben) meinem Umfeld eine Ansteckung weitergeben könnte.

Du arbeitest teilzeitlich im elterlichen «Blumenhaus Wiedikon» mit. Wie lief dieses Geschäft in der Corona-Krise?
Im ersten Moment dachten wir: Oh, jetzt müssen wir Ferien machen. Doch niemand war verärgert, weil wir alle von der Arbeit etwas erschöpft waren. Als dann klar wurde, dass wir liefern durften, ohne den Laden zu öffnen, begann es rasch gut zu laufen. Wir haben den Webshop ausgebaut, Bestellungen kamen über Mails und Telefon rein. Dass die Grossverteiler keine Schnittblumen verkaufen durften, hat uns gerettet. Es war speziell: Wir hatten viel zu tun, aber keine Kunden im Laden. Doch wir erhielten positive Rückmeldungen.

Hat sich das Quartier verändert im Lockdown?
Es wurde noch etwas «heimeliger». Die Leute waren zu Hause, logisch. In unserer Siedlung waren viele Kinder und Eltern draussen. Andere haben über Fenster und Balkone miteinander kommuniziert. Der Abstand zwischen den Personen war zwar gross, trotzdem war man sich nahe. Das fand ich sehr schön.
«Ich bin sehr ungeduldig mit mir»: Pascale in einem Wiediker Garten «Ich bin sehr ungeduldig mit mir»: Pascale in einem Wiediker Garten
Welches sind deine nächsten Trainingsziele?
Es gibt einen Wettkampf, der noch nicht abgesagt wurde. Er wurde von Juni auf Oktober verschoben. Es sind die Europameisterschaften in Poznan (Polen) – daraufhin trainieren wir.

Du hast vor vier Jahren die Rekrutenschule absolviert. War das ein Gewinn?
Ja. Es war für mich der Moment, wo ich entschieden habe, Profisportlerin zu werden.

In welchen Ländern hast Du Sportwettkämpfe bestritten?
Lustigerweise vor allem in Osteuropa: Bulgarien, Slowenien, Tschechien, Polen, Serbien. Daneben war ich auch an Wettkämpfen in Frankreich, Deutschland, Österreich, Schottland. Ich habe viermal an der WM in Plovdiv (Bulgarien) teilgenommen.

Welches sind die drei wichtigsten Eigenschaften für Erfolg im Sport?
Siegeswille, Durchhaltefähigkeit und die Bereitschaft, aus Misserfolgen zu lernen.

Hast Du ein persönliches Vorbild im Sport?
Wie fast alle Schweizer: Roger Federer. Dann Jeannine Gmelin. Und die US-Kunstturnerin Simone Biles.

Welches ist dein grösstes Laster?
Ich bin sehr ungeduldig und tue mich schwer einzugestehen, wenn ich mal gut bin. Nie bin ich zufrieden mit mir.

Welches persönliche Ziel möchtest Du noch erreichen?
Ich möchte für andere Sportlerinnen ein gutes Vorbild sein und zeigen, dass Frauen auch in der Schweiz im Spitzensport erfolgreich sein können.

Wo und wann ist Wiedikon für dich am schönsten?
Im Frühling, wenn alles blüht. Aber ich liebe Wiedikon auch im Sommer.

Wo hältst Du dich in Zürich am liebsten auf?
Am Zürichsee natürlich (lacht). Aber ich gehe auch gern mit dem Hund auf die Allmend und auf den Uetliberg.  

Pascale Walker (* 1995) ist in Wiedikon aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat eine Ausbildung als Floristin abgeschlossen. Sie kam mit 13 Jahren zum Rudern und wurde Mitglied des Ruderclubs Zürich. 2016 hat sie die Spitzensportler-RS absolviert, seither ist sie Profisportlerin. Daneben arbeitet sie Teilzeit im elterlichen Blumengeschäft und ist Mitglied des Quartiervereins Wiedikon. Ihre grössten sportlichen Meriten:  Vizeweltmeisterin U-23 im Skiff (2017), Europameisterin U-23 im Skiff (2017), 5 mal Schweizermeisterin in diversen Bootsklassen (2014-2018). Wer sie mit einem Sponsoring-Beitrag unterstützen will, kann dies über die Website tun: pascale-walker.ch

Mehr zu Pascale Walker findet sich auch im Artikel «Ihr kam die Olympia-Absage gerade recht» im Tagesanzeiger vom 4. Mai 202.
Fanpostkarte vom Sarnersee mit Pascale Walker (hinten)
Fanpostkarte vom Sarnersee mit Pascale Walker (hinten)