Quartierverein Wiedikon

Mädchen, spielt Fussball!

FC Wiedikon (rot-blau) gewinnt das Heimspiel vom 27.9.2020 gegen den FC Adliswil mit 2:1 (Fotos Valeriano di Domenico) FC Wiedikon (rot-blau) gewinnt das Heimspiel vom 27.9.2020 gegen den FC Adliswil mit 2:1 (Fotos Valeriano di Domenico)
Der FC Wiedikon hat seit drei Jahren ein Frauenteam – in der 4. Liga. Und seit 2019 zusätzlich eine Juniorinnenabteilung. «Diese explodiert gerade», erzählt Trainerin Luisa Gfeller über die neuste Entwicklung im Friesenberg. «Es ist die erste Frauenmannschaft in Wiedikon», bestätigt auch Roger Ansorg, Präsident des Fussballclubs Wiedikon. Nach fast 100 jähriger Alleinherrschaft der Buben und Männer auf dem Fussballfeld und 50 Jahre nach der Gründung des ersten Zürcher Frauenfussball-Clubs hatte Initiantin Meret Böhni 2017 zur Gründung des DFC (Damenfussballclub) Wiedikon aufgerufen. 2018 spielte die Frauschaft erstmals in der Meisterschaft. Und schon ein Jahr später waren die Wiedikerinnen Wintermeister in ihrer Zehnerguppe.

Auch dieses Jahr sind die Wiedikerinnen unter Führung ihrer zwei Spielertrainerinnen Böhni und Gfeller auf Erfolgskurs. Sie liegen mit 8 Punkten an zweiter Stelle von 10 Teams. Vor ihnen rangiert nur der FC Langnau mit zwei Punkten Vorsprung, jedoch einem Spiel mehr. Noch sind vier Partien zu spielen, die nächsten beiden Heimspiele auf dem Sportplatz Heuried am Sonntag, 18. Oktober, 11 Uhr, und am Samstag, 7. November, 16 Uhr. Dazu wollen die Frauen speziell mobilisieren (siehe weiter unten).

Der FC Wiedikon, gegründet 1922 und seit Jahren Kollektivmitglied des Quartiervereins, ist der grösste Sportclub in Wiedikon. Er zählt nach Angaben von Präsident Ansorg rund 300 Kinder und 100 Erwachsene, darunter gegen 40 Mädchen und 30 aktive Frauen. Wie kam es zu diesem «explosionsartigen» Wachstum? Luisa Gfeller, die selbst im Quartier wohnt und hier aufgewachsen ist, hat eine einleuchtende Erklärung: Der Frauenfussball erlebe im Moment einen Aufschwung. Und da in der Friesenbergsiedlung mit ihrer kinderreichen Familienheimgenossenschaft (FGZ) auch viele Mädchen aufwachsen, «ist das Potenzial für uns riesig». Die Kinder kennen sich, gehen gemeinsam zur Schule – was liegt näher, als im gleichen Club quasi vor der Haustüre Sport zu treiben und miteinander die Freizeit zu verbringen?
Die beiden Gründerinnen und Spielertrainerinnen des DFC Wiedikon Luisa Gfeller (links) und Meret Böhni
Die beiden Gründerinnen und Spielertrainerinnen des DFC Wiedikon Luisa Gfeller (links) und Meret Böhni
Freut sich an der neuen Frauenabteilung: Roger Ansorg, Präsident des FC Wiedikon
Freut sich an der neuen Frauenabteilung: Roger Ansorg, Präsident des FC Wiedikon
Luisa, 22, hat ein Studium als Umweltingenieurin an der ZHAW in Wädenswil begonnen, daneben arbeitet sie in der Produktkontrolle der Firma Freitag mit. Für sie bedeutet Fussballspielen auch einen Prozess der Teambildung, der Dynamik und Bewegung. Die Aufbauarbeit sei ein schöner Prozess. «Es macht Spass, mit den Freundinnen zusammen zu spielen. Wir steigern uns ständig. Deshalb sind wir megastark, auch wenn wir mal ein Spiel verlieren.» Statt von einer Trainerin am Spielfeldrand würden die Entscheidungen gemeinsam vom spielenden Team und seinen Auswechselspielerinnen getroffen. Die «NZZ am Sonntag» ist vom «aufregenden Experiment» derart beeindruckt, dass sie in einem längeren Artikel gar von einer «feministischen Frauenabteilung» spricht und von «Basisdemokratie» auf dem Fussballfeld – anstelle des hierarchisch geprägten (Männer)Fussballs. Lesen Sie hier den Artikel von Christine Steffen «Balleroberung».
Fanaufruf für die Heimspiele auf dem Sportplatz Heuried Fanaufruf für die Heimspiele auf dem Sportplatz Heuried
Basisdemokratie auf dem Fussballplatz – wie geht das, Roger Ansorg? Der FCW-Chef sieht es entspannt. Er habe sich vor drei Jahren für die Aufnahme der Mädchen eingesetzt. Nun befänden sich wie alle am Anfang in einer «stürmischen Phase». Das komme schon gut. «Unser Problem im Club ist ein ganz anderes: Wir haben zu wenig Plätze. Das gibt dann Diskussionen darüber, wer wo trainieren darf.» Die städtische Verdichtung führe dazu, dass immer mehr Schulhausvorplätze mit Container-Klassenzimmern vollgestellt würden. Zur Zeit sei er daran, mit den Stadträten Filippo Leutenegger (Sportamt) und Raphael Golta (Soziales) nach Lösungen zu suchen.

Natürlich gab es anfänglich auch ein paar Schwierigkeiten. Doch heute fühlen sich die Wiediker Fussballerinnen in ihrem Club gut aufgehoben. «Roger Ansorg steht auf unserer Seite». Im schweizerischen Fussball-Verband müssten sie allerdings noch für ihre Rechte kämpfen. Das brauche Energie, «aber für mich passt es so», sagt Luisa Gfeller. An den Quartierverein hat sie nur einen Wunsch: Wir möchten mehr Fans rekrutieren! Bitte weist auf unsere nächsten zwei Heimspiele hin: «Chömed eus go unterstütze!» Ehrensache, Luisa, wir sind dabei.

Mehr dazu auch unter: www.fcwiedikon.ch