Quartierverein Wiedikon

Ein Wehmutstropfen für das Wiediker Tram 2012

Nach 45 Jahren im Einsatz wird das Tram 2012 mit dem Wiediker Wappen ausgemustert, ausgeweidet und verschrottet. Am 23. September 2021 verliess das legendäre Tram mit der Fahrzeugnummer 2012 und dem Wiediker Wappen zum letzten Mal die VBZ-Zentralwerkstatt in Altstetten – nicht auf Schienen, sondern auf einem Tieflader in Richtung Birmensdorf. Dort verschrottet die Firma Loacker Swiss Recycling AG derzeit fachgerecht das Tram und führt Werkstoffe wie Metalle, Kunststoffe und Kabel dem Wiederverwertungs-Kreislauf zu.
Der «Wiediker» 2012 letzte Woche auf dem Tieflader zum Abtransport bereit
Der «Wiediker» 2012 letzte Woche auf dem Tieflader zum Abtransport bereit
Vorne links und rechts war das Wiediker Wappen montiert
Vorne links und rechts war das Wiediker Wappen montiert
Zeit für einen kleinen nostalgischen Rückblick durch den früheren VBZ-Trampiloten Peter Specker, der übrigens auch ein begeisterter Wiediker ist:
Peter Specker, früherer VBZ-Tramführer, hier im Depot Hard am Escher-Wyss-Platz Peter Specker, früherer VBZ-Tramführer, hier im Depot Hard am Escher-Wyss-Platz
«Das Tram mit der Fahrzeugnummer 2012 der Serie I wurde im Jahr 1978 beim Bahnhof Wiedikon neben der heutigen Postauto-Haltestelle auf den Namen Wiedikon getauft. Bei der Zeremonie durfte unsere Primarschulklasse des Schulhauses Bühl A dabei sein. Auf der Frontkupplung war das Tram mit einem Blumenbouquet geschmückt und ein langes dickes Seil war an der Kupplung befestigt. Unsere Klasse konnte das 26 Tonnen schwere Tram symbolisch einige Meter ziehen – natürlich fuhr ein Wagenführer sehr langsam ein paar Meter. Für mich war es eine spezielle Ehre, dass ich als Wiediker Schüler das Tram taufen durfte und dass ich dann Ende Oktober 1986 ausgerechnet auf dem 2012er die Wagenführer-Prüfung absolviert hatte. Es tut etwas weh, dass dieses Tram heute verschrottet wird. Aber es kommt Neues, so ist der Lauf der Zeit.»

Peter Specker, der beruflich später zur Swisscom wechselte, war für den Quartierverein beim Abtransport in der Zentralwerkstatt mit dabei. Über die Geschichte des Wiediker «Zwanzigzwölfers» weiss er viel zu erzählen: Ab 1976 seien bei den Verkehrsbetrieben Zürich die ersten Fahrzeuge der Generation Tram 2000 (Be 4/6) angeschafft worden. Gebaut wurden sie in Schlieren bei der damaligen Schindler Waggon AG in Zusammenarbeit mit der ABB. Ab 1977 wurde die Linie 14 (Triemli bis Seebach) ausschliesslich mit diesem Tramtyp bestückt. Mehr über das Tram 2000 für technisch Interessierte findet sich auf Wikipedia.

Dieser Fahrzeugtyp wurde bis in die 90er Jahre in drei Serien gebaut und jeweils technisch verbessert. Optisch sehen die Tramwagen bis auf kleine Abweichungen gleich aus. Die Fahrzeuge der ersten beiden Serien wurden damals vorne rechts und links mit den Quartierwappen der Stadt geschmückt – so auch der Wagen Nr. 2012. Peter erzählt: «Dieser Wagen 2012 war 45 Jahre in der Stadt Zürich zuverlässig im Linieneinsatz und hat über 2 Millionen Kilometer auf dem Tacho. Die Lebenszeit des Wiediker Trams ist nun zu Ende. Das Fahrzeug wird deshalb wegen technischer Mängel verschrottet. Brauchbare Bauteile baut man in der Zentralwerkstatt in Altstetten für andere Tram 2000 als Ersatzteile aus.» Andere Fahrzeuge gehen ab dem Jahr 2022 in die Stadt Vinnitsa in der Ukraine, wo sie noch Jahre weiterfahren werden.
Ausweiden des Trams . . . (Foto Steven Wilkins)
Ausweiden des Trams . . . (Foto Steven Wilkins)
. . . in der VBZ-Zentralwerkstatt am Luggweg in Altstetten (Foto Steven Wilkins)
. . . in der VBZ-Zentralwerkstatt am Luggweg in Altstetten (Foto Steven Wilkins)
Zu seinen besten Zeiten fuhr der «Wiediker» auf der Linie 14 (Seebach – Triemli)
Zu seinen besten Zeiten fuhr der «Wiediker» auf der Linie 14 (Seebach – Triemli)
Peter musste beim Abtransport am 23. September die eine oder andere Träne verdrücken, war ihm doch der «Wiediker» ans Herz gewachsen. Für sich und für den Quartierverein hat er einen kleinen Abschiedsfilm auf YouTube gestellt. Schauen Sie hier den nostalgischen Rückblick. Peter, wir können es Dir nachfühlen, auch wir leiden es bitzeli mit!

Lesen Sie hier den Artikel aus der "Wiediker Post" vom Herbst 1978 "Tramtaufe in Wiedikon".