Das «Tagblatt der Stadt Zürich» berichtet in seiner gestrigen Ausgabe von einem «Wiediker Familiendrama» am Ostersonntag 1943. Damals hatte der Filialleiter der Zürcher
Kantonalbank, ein Mann «von tadellosem Ruf», seine gesamte Familie erschossen. Diese wohnte im gleichen Haus wie die Bank, an der Birmensdorferstrasse 170, im vierten Stock. Das
Drama sorgte landesweit und sogar im Ausland für Erschütterung. Der Fall scheint bis heute rätselhaft und teils ungelöst.
Doch es gibt Zeugen, die sich an diesen Fall erinnern. Einer hat sich unmittelbar nach Erscheinen des Artikels an den Quartierverein gewandt. Hermann Schumacher, Wiediker Urgestein und Ehrenmitglied des Quartiervereins, erzählt, wie er den Vorfall erlebt hat: «An Ostern 1943 war ein Onkel bei uns auf Besuch. Er war ‘Küngelizüchter’ und erzählte, dass er an die Kaninchen-Ausstellung wolle. Dafür brauche er die landwirtschaftliche Zeitung ‘Die Grüne’, in der die Daten publiziert seien. Er schickte mich zum Kiosk an den Bahnhof Wiedikon, um diese Zeitung zu holen.» Hermi, geboren am 9. Mai 1933, war damals 10 Jahre alt und wohnte an der Birmensdorferstrassen 327 zusammen mit seinen Eltern und vier Geschwistern. Sein Vater arbeitete als Angestellter in der Kaminfabrik im Giesshübelquartier. «Also stieg ich aufs Velo und fuhr die Birmensdorfstrasse hinunter Richtung Bahnhof Wiedikon. Als ich zur Einmündung Bremgartnerstrasse kam, hörte ich Schüsse – mehrere nacheinander.»
Doch es gibt Zeugen, die sich an diesen Fall erinnern. Einer hat sich unmittelbar nach Erscheinen des Artikels an den Quartierverein gewandt. Hermann Schumacher, Wiediker Urgestein und Ehrenmitglied des Quartiervereins, erzählt, wie er den Vorfall erlebt hat: «An Ostern 1943 war ein Onkel bei uns auf Besuch. Er war ‘Küngelizüchter’ und erzählte, dass er an die Kaninchen-Ausstellung wolle. Dafür brauche er die landwirtschaftliche Zeitung ‘Die Grüne’, in der die Daten publiziert seien. Er schickte mich zum Kiosk an den Bahnhof Wiedikon, um diese Zeitung zu holen.» Hermi, geboren am 9. Mai 1933, war damals 10 Jahre alt und wohnte an der Birmensdorferstrassen 327 zusammen mit seinen Eltern und vier Geschwistern. Sein Vater arbeitete als Angestellter in der Kaminfabrik im Giesshübelquartier. «Also stieg ich aufs Velo und fuhr die Birmensdorfstrasse hinunter Richtung Bahnhof Wiedikon. Als ich zur Einmündung Bremgartnerstrasse kam, hörte ich Schüsse – mehrere nacheinander.»
An der Ecke Zweierstrasse/Birmensdorferstrasse (bei der heutigen Filiale Hug) standen vier oder fünf Personen, die auf das gegenüberliegende Haus schauten, woher offenbar die
Schüsse kamen. Hier war früher die Filiale der Zürcher Kantonalbank (ZKB), heute die Raiffeisenbank. «Ich hielt bei dieser Gruppe an und schaute ebenfalls herum, woher die
Knallerei kam. Plötzlich trat ein Mann im dritten oder vierten Stock auf den Balkon heraus, schoss sich vor allen Leuten in den Kopf und fiel über das Balkongeländer direkt in den
darunter liegenden Vorgarten.» Schumacher beschreibt exakt das Mäuerchen beim Vorgarten und das darauf montierte Metallgeländer. «Einige Personen schrieen, alle rannten zum
Vorgärtchen. Ich ebenfalls mitsamt Velo. Der Mann lag am Boden, blutverschmiert, es war grausam anzusehen.» Er sei noch eine Zeitlang dort geblieben, bis die Polizei kam, dann sei
er mit dem Velo zum Bahnhof Wiedikon weiter gefahren, um die Zeitung zu holen.
«Als ich nach Hause kam, erzählte ich brühwarm vom Drama, das ich miterlebt habe. Heute, als ich im Tagblatt diesen Bericht sah, ist mir alles wieder hochgekommen.» Es
seien mindestens sechs Schüsse gewesen, der Täter habe seine Frau, seine Mutter, den Vater und die drei Kinder erschossen. Schumacher glaubt sich zu erinnern, dass es kurz vor
Mittag, «vielleicht um Elf herum» gewesen sei. Seine Familie sei erschrocken und habe gefragt: «Was! Und Du bist noch zuschauen gegangen?» Und er erzählt die Geschichte zum
zweiten Mal mit den fast gleichen Worten.
Kann man sich wirklich so genau erinnern? Ist die Erinnerung nicht von späteren Erzählungen in der Nachbarschaft und im Quartier beeinflusst – so dass man glaubt, selbst dabei gewesen zu sein? «Nein, nein, das habe ich wirklich selbst erlebt, das entspringt nicht meiner Phantasie», bekräftigt der Augenzeuge, der damals ein Bube war und heute fast 90 ist. Es sei für ihn ein spezielles Erlebnis gewesen, «damals dabei gewesen zu sein.» Er habe diese Geschichte mit der Zeit vergessen, sich aber immer wieder daran erinnert, wenn er auf dem Velo an der Bank vorbeifuhr. «Als ich heute diese Foto in der Zeitung sah, kam alles wieder hoch – wie wenn es gestern passiert wäre.» Wie ein Film sei das abgelaufen. Lesen Sie den Bericht von Jan Strobel, wie sich die Wiediker Familientragödie abgespielt hat.
Kann man sich wirklich so genau erinnern? Ist die Erinnerung nicht von späteren Erzählungen in der Nachbarschaft und im Quartier beeinflusst – so dass man glaubt, selbst dabei gewesen zu sein? «Nein, nein, das habe ich wirklich selbst erlebt, das entspringt nicht meiner Phantasie», bekräftigt der Augenzeuge, der damals ein Bube war und heute fast 90 ist. Es sei für ihn ein spezielles Erlebnis gewesen, «damals dabei gewesen zu sein.» Er habe diese Geschichte mit der Zeit vergessen, sich aber immer wieder daran erinnert, wenn er auf dem Velo an der Bank vorbeifuhr. «Als ich heute diese Foto in der Zeitung sah, kam alles wieder hoch – wie wenn es gestern passiert wäre.» Wie ein Film sei das abgelaufen. Lesen Sie den Bericht von Jan Strobel, wie sich die Wiediker Familientragödie abgespielt hat.
Damals – so Schumacher – habe man noch nicht gewusst, dass der Täter, der Bankdirektor, im gleichen Haus gewesen sei. Erst später habe er vernommen, dass darüber in den
Zeitungen geschrieben wurde. Doch als Zehnjähriger habe er keine Zeitung gelesen. Heute, im April 2022, kann er detailliert über sein «Mordserlebnis» erzählen und darüber, welche
Geschäfte an welchen Strassen lagen, wie der Vorgarten und das Mäuerchen aussahen, wer Vermieter ihrer Familienwohnung war und so weiter. Dass Quartierhistoriker Schumacher ein
unglaublich gutes Gedächtnis hat, wussten wir schon lange. Dass er aber auch Augen- und Ohrenzeuge des Familiendramas um Bankdirektor August Damm an Ostern 1943 war – das ist
selbst für Insider eine Überraschung. Dabei geht es ihm, dem Urwiediker, in diesen Tagen nicht so gut. Denn vor kurzem ist seine Frau Ruth gestorben, mit der er fast 68 Jahre lang
verheiratet war. Aber er sagt: «Das Leben muss weiter gehen.»
Lieber Hermi, wir hoffen, dass Du uns noch viele Jahre erhalten bleibst, bist Du doch inzwischen selbst ein Teil der Geschichte von Wiedikon!
Lieber Hermi, wir hoffen, dass Du uns noch viele Jahre erhalten bleibst, bist Du doch inzwischen selbst ein Teil der Geschichte von Wiedikon!