Auslöser war ein Theaterprojekt der Gruppe «Senioren Lab Zürich», im Friedhof Sihlfeld einen Gemeinschaftsgarten zu
errichten, «der Menschen im Quartier zusammenbringen» soll. Der in Berlin lebende Theaterpädagoge, Schauspielcoach und Kameramann Ron
Rosenberg startete das Vorhaben mit Jugendlichen und älteren Menschen sowie dem Kulturmarkt Zürich. Sein Projekt «Garten der Träume» bestand darin, eine Wiese neben dem
Haupteingang umzugraben, mit Mohnblumen zu bepflanzen und durch Seniorinnen und Senioren zu bewirtschaften. Es wurde offiziell von der Stadt bewilligt.
Dieses Projekt wäre für sich genommen unproblematisch, stünde es alleine da. Die beiden Wiediker Gemeinderäte Flurin Capaul (FDP) und Niyazi Erdem (SP), beide
Vorstandsmitglieder des Quartiervereins, stellten deshalb dem Stadtrat am 24. Mai 2023 eine schriftliche Anfrage mit fünf Punkten:
- Welche Events, Aktivitäten, Anlässe sind 2023 und 2024 auf dem Friedhof Sihlfeld geplant oder haben schon stattgefunden?
- Welche Kriterien legt der Stadtrat seiner Bewilligung zu Grunde?
- Wie passen die geplanten Aktivitäten zur denkmalgeschützten Nutzung des Friedhofs?
- Wie gross sind die Ausgaben für solche Aktivitäten inkl. Werbung für den Friedhof Sihlfeld in den Jahren 2022, 2023 und 2024?
- Wie gross sind die Ausgaben für solche Aktivitäten für alle Friedhöfe der Stadt Zürich?
Zentral ist die Antwort auf Frage 2 (Kriterien der Bewilligung): «Der Stadtrat setzt sich für eine pietätvolle Nutzung der Friedhöfe
ein. Er will sie als Orte der Einkehr und der Trauer schützen. Entsprechend sollen nur Veranstaltungen auf den städtischen Friedhöfen stattfinden, die den Orten angemessen sind.»
Eher dünn fällt hingegen die Antwort auf Frage 3 (denkmalgeschützte Nutzung) aus. Zur Begründung wird dort einzig auf das
Publikumsinteresse an den Anlässen des Friedhof Forums verwiesen, das beim Haupteingang an der Aemtlerstrasse beheimatet ist. Seit dem Ende der Corona-Pandemie seien alle
Veranstaltungen ausverkauft und die gegenwärtige Ausstellung «Tod – unser täglich Brot» sei von gut 2'500 Personen besucht worden.
Die Frage 4 (Kosten der Friedhof-Anlässe) beantwortet der Stadtrat mit CHF 110'924 für das Jahr 2022 «mit Ausnahme des Personal- und Raumaufwands». Im laufenden Jahr 2023 seien total bis Ende Juni rund CHF 25'000 ausgegeben worden. Und zur letzten Frage 5 (Aktivitäten auf anderen Friedhöfen der Stadt) wird bemerkt, dass die meisten Angebote des Friedhof Forums auf dem Friedhof Sihlfeld durchgeführt würden. Die ganzen Fragen und Antworten sind hier zu finden.
Die Frage 4 (Kosten der Friedhof-Anlässe) beantwortet der Stadtrat mit CHF 110'924 für das Jahr 2022 «mit Ausnahme des Personal- und Raumaufwands». Im laufenden Jahr 2023 seien total bis Ende Juni rund CHF 25'000 ausgegeben worden. Und zur letzten Frage 5 (Aktivitäten auf anderen Friedhöfen der Stadt) wird bemerkt, dass die meisten Angebote des Friedhof Forums auf dem Friedhof Sihlfeld durchgeführt würden. Die ganzen Fragen und Antworten sind hier zu finden.
Wie sind die Ausführungen des Stadtrats aus Sicht des Quartiervereins zu bewerten? Positiv fällt auf, dass der Stadtrat bemüht ist, keine Aktivitäten zu erlauben, die der vom
Bezirksrat festgehaltenen Nutzung widersprechen: «Friedhöfe dienen dem Zweck, eine würdige Ruhestätte für die Toten zu sein, und als Ort der Besinnung und des Gedenkens.» Insofern
fehlt jede Ambivalenz, wie sie Stadtpräsidentin Corine Mauch noch am Podium des Quartiervereins vom 20. Mai 2021 hat durchblicken lassen, als sie von «unterschiedlichen
Nutzungsbedürfnissen» im Friedhof sprach. Offenbar akzeptiert der Stadtrat, dass gemäss Bezirksrats-Beschluss vom 20. Januar 2022 Nebenzwecke wie «die Funktion eines wichtigen
Frei-/Grünraums für das immer dichter bebaute Wiedikon» die Friedhofswürde nicht gefährden dürfen.
Dennoch stellt sich die Frage, ob 20 oder mehr Anlässe pro Jahr, die viel Publikum anlocken, zu den Kernaufgaben eines Friedhofs gehören? Unproblematisch sind zweifellos Anlässe, die in den Kellerräumen des Friedhof Forums stattfinden. Heikler ist wohl die Grenzziehung bei Veranstaltungen im Alten Krematorium: Sind Jazzkonzerte an insgesamt acht Tagen mit der gebotenen Totenruhe vereinbar? Dient eine Buchvernissage mit Cüpli wie jene über den «Sozialisten vom Paradeplatz Karl Bürkli» zur pietätvollen Nutzung des Friedhofs? Und wie stehts mit dem Senioren-Projekt «Garten der Träume», das in der Aufzählung des Stadtrats seltsamerweise vergessen wurde? Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass das Vorhaben – weil der Mohn dort nicht gewachsen sei – inzwischen stillschweigend «begraben» wurde.
Dennoch stellt sich die Frage, ob 20 oder mehr Anlässe pro Jahr, die viel Publikum anlocken, zu den Kernaufgaben eines Friedhofs gehören? Unproblematisch sind zweifellos Anlässe, die in den Kellerräumen des Friedhof Forums stattfinden. Heikler ist wohl die Grenzziehung bei Veranstaltungen im Alten Krematorium: Sind Jazzkonzerte an insgesamt acht Tagen mit der gebotenen Totenruhe vereinbar? Dient eine Buchvernissage mit Cüpli wie jene über den «Sozialisten vom Paradeplatz Karl Bürkli» zur pietätvollen Nutzung des Friedhofs? Und wie stehts mit dem Senioren-Projekt «Garten der Träume», das in der Aufzählung des Stadtrats seltsamerweise vergessen wurde? Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass das Vorhaben – weil der Mohn dort nicht gewachsen sei – inzwischen stillschweigend «begraben» wurde.
Immer wieder haben sich Angehörige von Verstorbenen an den Quartierverein gewandt. Eine Befürchtung lautet, dass ein
hektisches Veranstaltungsprogramm, das auf möglichst grosse Beteiligung zielt, dem stillen Gedenken und der Friedhofsruhe entgegensteht. In Wiedikon herrscht kein Mangel an
öffentlichen Veranstaltungen in Kulturhäusern, Parks und anderen Orten. Gerade deswegen, so finden wir, sollte ein grosser Raum der Stille, ein Park ohne Aktivitäten all jenen
Menschen vorbehalten bleiben, die Ruhe suchen, den Rückzug, die Stille. Keine Events, sondern Nichtstun, Trauer, Erholung.
Liebe Kulturanimatorinnen und städtische Coaches, eure Kreativität und euer Aktivismus mag gut gemeint sein. Doch der Grossteil der Friedhofsbesucherinnen und -besucher wünscht mehr Ruhe, nicht mehr Betriebsamkeit.
Liebe Kulturanimatorinnen und städtische Coaches, eure Kreativität und euer Aktivismus mag gut gemeint sein. Doch der Grossteil der Friedhofsbesucherinnen und -besucher wünscht mehr Ruhe, nicht mehr Betriebsamkeit.