Der Stadtrat von Zürich möchte Wiedikon mit einem gewaltigen Projekt zur Erreichung des Klimaschutzziels 2040 beglücken.
Gewaltig, weil das vom Projektstab des Stadtrats erarbeitete und vom Gemeinderat demnächst zu beschliessende Vorhaben 7,7 Millionen Franken kostet. Beglücken, weil es um ein
klassisches «Top-down»-Projekt geht, bei dem eine allwissende Projektleitung die rund 9'000 Köpfe zählende Anwohnerschaft, Firmen, Betriebe und Hausbesitzer im Projekt-Perimeter
in einem sechs Jahre dauernden «Partizipationsprozess» zum Mitmachen gewinnen will. Ein Monsterprojekt, das Quartiervereinspräsident Urs
Rauber in einer ersten Stellungnahme als «megaloman» (grössenwahnsinnig) bezeichnet.
Worum geht es? Im Mai 2022 hat die Stadtzürcher Stimmbevölkerung einem Klimaschutzziel mit einer Mehrheit von 75 Prozent zugestimmt. Dieses nahm der Stadtrat zum Anlass, zwei private Beratungsfirmen – die econcept AG und die Ampio Partizipation GmbH – mit Abklärungen im Kreis 3 zu beauftragen. Am 17. März 2023 legten diese ein Konzept vor, das Grundlage für eine Weisung des Stadtrats an den Gemeinderat vom 5. Juli 2023 (GR Nr. 2023/342) wurde. Ob der Auftrag ausgeschrieben wurde und was er kostete, ist nicht bekannt. Unter den fünf Projektverfassern befinden sich zwei prominente SP-Politiker, Kantonsrat Tobias Langenegger und Gemeinderat Reto Dettli (Uster) als Projektleiter.
Worum geht es? Im Mai 2022 hat die Stadtzürcher Stimmbevölkerung einem Klimaschutzziel mit einer Mehrheit von 75 Prozent zugestimmt. Dieses nahm der Stadtrat zum Anlass, zwei private Beratungsfirmen – die econcept AG und die Ampio Partizipation GmbH – mit Abklärungen im Kreis 3 zu beauftragen. Am 17. März 2023 legten diese ein Konzept vor, das Grundlage für eine Weisung des Stadtrats an den Gemeinderat vom 5. Juli 2023 (GR Nr. 2023/342) wurde. Ob der Auftrag ausgeschrieben wurde und was er kostete, ist nicht bekannt. Unter den fünf Projektverfassern befinden sich zwei prominente SP-Politiker, Kantonsrat Tobias Langenegger und Gemeinderat Reto Dettli (Uster) als Projektleiter.
Zum ersten Mal erfuhr der Quartierverein vom geplanten «Pilotquartier Netto-Null im Gebiet Binz/Alt-Wiedikon» aus einem NZZ-Artikel vom 6. Juli 2023. Tags zuvor hatte der GLP-Stadtrat und Vorsteher des Gesundheits- und
Umweltdepartements Andreas Hauri zu einer Medienkonferenz geladen. Der betroffene Quartierverein Wiedikon wurde dazu nicht eingeladen.
Absicht oder Vergesslichkeit? Immerhin zählt dieser Quartierverein über 1'000 Einzelmitglieder, 45 Wiediker Vereine und über 80 lokale Firmen zu seinen Mitgliedern – er ist der
grösste Quartierverein der Stadt Zürich. Da in der Medienmitteilung gross von Partizipation die Rede war, dachte man im Quartierverein, die Stadt werde sich spätestens nach den
Sommerferien melden. Doch nichts geschah.
Quartiervereinspräsident fühlt sich missbraucht
Umso erstaunter waren wir, als im Laufe des Monats Oktober 2023 das 73-seitige Konzept von ampio und econcept öffentlich
gemacht wurde. Dort wird auf Seite 44 erwähnt, dass ein «Stakeholder-Interview» mit dem Präsidenten des Quartiervereins geführt worden sei, und suggeriert, dass dieser das
Netto-Null-Projekt grundsätzlich gutheisse. Fakt ist aber, dass QV-Präsident Urs Rauber zwar im Januar 2023 von einem Ampio-Mitarbeiter zu einem Gespräch eingeladen worden war, in
dem man über die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, Lärmprobleme und anderes in Alt-Wiedikon und der Binz sprach.
Von einem städtischen Pilotprojekt netto Null im Gebiet Alt-Wiedikon war jedoch mit keinem Wort die Rede. Auch wurde ihm nie eine Abschrift oder Zusammenfassung dieses «Interviews» zugestellt. Absicht oder Vergesslichkeit? Urs Rauber fühlt sich hintergangen: «Offenbar sollte ich für dieses Konzept, dessen Hintergründe mir nie offengelegt wurden, instrumentalisiert werden. Hätte ich damals vom Monsterprojekt erfahren, hätte ich sofort weitere Unterlagen verlangt, um es im Quartiervereinsvorstand zu besprechen.»
Jetzt, da das Konzept im Detail vorliegt, gibts dazu einiges zu sagen. Um den Inhalt des hochgestochenen Papiers zu verstehen, muss man sich durch ein Wimmelsurium von Begriffen aus der Welt der städtischen Sozialarbeit kämpfen: Partizipation, Evaluation, Interventionspaket, Projektperimeter, Monitoring, Mobilisation, Dachkampagne, «Zert0 Büro» und so weiter. Dazu kommen Tabellen, Grafiken, Karten, Organigramme und unzählige Abkürzungen städtischer Dienste. Dass das Dokument zudem in gendergerechtem Neusprech abgefasst ist («Akteur*innen» usw.), sei geschenkt.
Von einem städtischen Pilotprojekt netto Null im Gebiet Alt-Wiedikon war jedoch mit keinem Wort die Rede. Auch wurde ihm nie eine Abschrift oder Zusammenfassung dieses «Interviews» zugestellt. Absicht oder Vergesslichkeit? Urs Rauber fühlt sich hintergangen: «Offenbar sollte ich für dieses Konzept, dessen Hintergründe mir nie offengelegt wurden, instrumentalisiert werden. Hätte ich damals vom Monsterprojekt erfahren, hätte ich sofort weitere Unterlagen verlangt, um es im Quartiervereinsvorstand zu besprechen.»
Jetzt, da das Konzept im Detail vorliegt, gibts dazu einiges zu sagen. Um den Inhalt des hochgestochenen Papiers zu verstehen, muss man sich durch ein Wimmelsurium von Begriffen aus der Welt der städtischen Sozialarbeit kämpfen: Partizipation, Evaluation, Interventionspaket, Projektperimeter, Monitoring, Mobilisation, Dachkampagne, «Zert0 Büro» und so weiter. Dazu kommen Tabellen, Grafiken, Karten, Organigramme und unzählige Abkürzungen städtischer Dienste. Dass das Dokument zudem in gendergerechtem Neusprech abgefasst ist («Akteur*innen» usw.), sei geschenkt.
Mikromanagement und Planungsmonster
Nur mit Kopfschütteln kann man das absurde Mikromanagement für ein sechsjähriges Projekt (2024-2030) zur Kenntnis nehmen:
So soll etwa im Monat Juni von Jahr 5 – also im Juni 2029 – die Einheit 6 des Interventionspakets III während dreissig Tagen durchgeführt werden. Das erinnert doch stark an die
sozialistische Planwirtschaft der untergegangenen DDR selig. Weltfremd mutet auch an, dass im Steuerungsausschuss für ein Quartierprojekt insgesamt vier Stadtratsmitglieder und
neun «Direktor*innen» von städtischen Dienstabteilungen sitzen. Sind Stadtrat und Amtsdirektionen derart unterbeschäftigt, dass sie Zeit für ein lokales Projekt in Alt-Wiedikon
haben? Gigantismus oder Verwaltungsmonster?
Das «Laborquartier» besteht aus ungefähr der Hälfte des Gebiets Alt-Wiedikon. Der Projektperimeter umfasst fünf Gebiete:
Binz (Fokus Arbeiten), Binzallee, Wiedingstrasse, Uetlibergstrasse, Gotthelfstrasse/Goldbrunnenplatz (alle vier Fokus Wohnen). Darin leben rund 9'000 Personen und arbeiten etwa
14'000 Personen. Die Gesamtzahl der Wohnungen beträgt etwa 5'000.
Mit dem Geld könnten 250 Erdsonden-Heizungen installiert werden
Vereinfacht gesagt geht es um zwei Ziele: Minimierung der Treibhausgasemissionen und Ausbau der lokalen Stromproduktion.
Die ganz praktischen Masssnahmen dazu findet man im Wust erst nach längerem Suchen: Heizen mit erneuerbarer Energie, umweltfreundliche Mobilität, Abfallvermeidung, nachhaltige
Ernährung, ökologisches Bauen. All diese Ziele und Massnahmen – so vernünftig sie auf den ersten Blick klingen mögen – werden nur vage beschrieben. Klar benannt werden hingegen
die gigantische Organisation und die immensen Kosten des Vorhabens.
Im Detail: Konzepterarbeitung Fr. 60'000, Geschäftsstelle Fr. 670'000, Partizipation Fr. 2'450'000, Kommunikation Fr. 1'180'000, Evaluation Fr. 300'000, lokale Initiativen Fr. 3'040'000. Mit den knapp 8 Mio Franken ist noch kein einziges Fenster wärmegedämmt und kein Auto auf E-Mobilität umgerüstet. Mit der gleichen Summe könnten hingegen etwa 77 Häuser oder gegen 250 Wohnungen in Alt-Wiedikon von Öl oder Gas auf Erdsonden-Heizung umgestellt werden. Das wären rund fünf Prozent aller Wohnungen im Projektperimeter.
Fachliche Fragen gibt’s dazu viele. Als Quartierverein interessiert uns in erster Linie die Mitwirkung der Bevölkerung. Wer von Partizipation spricht, muss nämlich bereit sein, vorgeschlagene Massnahmen von betroffenen Anwohnerinnen, Handwerkern und Hauseigentümerinnen hinterfragen und verändern zu lassen. Gefordert ist also ein bottom-up Dialog – von Betroffenen hin zur Stadt. Ob das nebulöse Planungsmonster dies zulässt? In der Medienmitteilung vom Juli wird Stadtrat Andreas Hauri zitiert: «Was funktioniert, werden wir weiterverfolgen, was nicht funktioniert, wieder abbrechen.» Wir sind gespannt, ob den schönen Worten auch Taten folgen.
Im Detail: Konzepterarbeitung Fr. 60'000, Geschäftsstelle Fr. 670'000, Partizipation Fr. 2'450'000, Kommunikation Fr. 1'180'000, Evaluation Fr. 300'000, lokale Initiativen Fr. 3'040'000. Mit den knapp 8 Mio Franken ist noch kein einziges Fenster wärmegedämmt und kein Auto auf E-Mobilität umgerüstet. Mit der gleichen Summe könnten hingegen etwa 77 Häuser oder gegen 250 Wohnungen in Alt-Wiedikon von Öl oder Gas auf Erdsonden-Heizung umgestellt werden. Das wären rund fünf Prozent aller Wohnungen im Projektperimeter.
Fachliche Fragen gibt’s dazu viele. Als Quartierverein interessiert uns in erster Linie die Mitwirkung der Bevölkerung. Wer von Partizipation spricht, muss nämlich bereit sein, vorgeschlagene Massnahmen von betroffenen Anwohnerinnen, Handwerkern und Hauseigentümerinnen hinterfragen und verändern zu lassen. Gefordert ist also ein bottom-up Dialog – von Betroffenen hin zur Stadt. Ob das nebulöse Planungsmonster dies zulässt? In der Medienmitteilung vom Juli wird Stadtrat Andreas Hauri zitiert: «Was funktioniert, werden wir weiterverfolgen, was nicht funktioniert, wieder abbrechen.» Wir sind gespannt, ob den schönen Worten auch Taten folgen.