Ein neues Buch erzählt die Geschichte von einem Zweijährigen, der aus dem KZ Bergen-Belsen in die Schweiz gerettet wurde. Die Historikerin und Journalistin Katrin Schregenberger hat sich mit Peter Iczkovits (heute 82) über Monate getroffen und seine Geschichte als
«riesiges Puzzle» zusammengesetzt. Eine Geschichte, die 1942 mit der Geburt von Peter als Sohn jüdisch-orthodoxer Eltern in Ungarn beginnt und 2022 in Zürich-Wiedikon endet: mit
einer Autofahrt in einem wunderschönen Chevrolet aus dem Jahr 1926.
Peter Iczkovits hat als Zeitzeuge des Holocaust eine bewegte Geschichte, vor allem auch in der Schweiz, hinter sich. Gleichzeitig sitzt ihm zeitlebens der Schalk im Nacken, wenn er zum Beispiel zu Purim, der jüdischen Fasnacht, seinen Oldtimer aus der Garage holt, um eine kleine Spritztour zu unternehmen. «Ich fühle mich als der Lausbub, der ich früher war, und will nicht wahrhaben, dass ich jetzt älter werde,» sagt er dann. Das Kind gelangte mit dem Kasztner-Transport, einer geheimen Freikaufaktion jüdischer Flüchtlinge, 1944 über Bergen-Belsen (nahe Hannover) mit seiner Familie und fast 1700 weiteren Personen in die Schweiz.
Da ein Zweijähriger natürlich keine Erinnerungen an seine Erlebnisse haben kann, begibt sich Katrin Schregenberger mit dem Protagonisten auf Spurensuche. Dieser entdeckt mit Hilfe von Familienfotos, Tagebüchern, Gebetsbuch, Gesprächen mit Angehörigen und mit dem Besuch früherer Orte seine eigene Geschichte und die von anderen Geflüchteten. Die Historikerin hilft dabei, die Familiengeschichte in die Zeitgeschichte einzubetten.
Peter Iczkovits hat als Zeitzeuge des Holocaust eine bewegte Geschichte, vor allem auch in der Schweiz, hinter sich. Gleichzeitig sitzt ihm zeitlebens der Schalk im Nacken, wenn er zum Beispiel zu Purim, der jüdischen Fasnacht, seinen Oldtimer aus der Garage holt, um eine kleine Spritztour zu unternehmen. «Ich fühle mich als der Lausbub, der ich früher war, und will nicht wahrhaben, dass ich jetzt älter werde,» sagt er dann. Das Kind gelangte mit dem Kasztner-Transport, einer geheimen Freikaufaktion jüdischer Flüchtlinge, 1944 über Bergen-Belsen (nahe Hannover) mit seiner Familie und fast 1700 weiteren Personen in die Schweiz.
Da ein Zweijähriger natürlich keine Erinnerungen an seine Erlebnisse haben kann, begibt sich Katrin Schregenberger mit dem Protagonisten auf Spurensuche. Dieser entdeckt mit Hilfe von Familienfotos, Tagebüchern, Gebetsbuch, Gesprächen mit Angehörigen und mit dem Besuch früherer Orte seine eigene Geschichte und die von anderen Geflüchteten. Die Historikerin hilft dabei, die Familiengeschichte in die Zeitgeschichte einzubetten.
Die Familie Iczkovits handelte in Ungarn drei Generation lang erfolgreich mit Maschinen, Traktoren und Automobilen. Sie erlebte aber auch Pogrom, Judenhass und im Zweiten
Weltkrieg die Besetzung Ungarns durch die Nazis. Weitere Kapitel sind der Flucht mit dem Kasztner-Transport, dem Ankommen in der Schweiz, dem Kuraufenthalt im Sanatorium Leysin
und der Ankunft 1946 in Wiedikon gewidmet, als sich Vater Alfred im Gasthof Falken einquartiert.
Abwechslungsreich werden Jugend, Schulzeit, Familie und der Eintritt ins Berufsleben geschildert. Dass sich der aufgeweckte, etwas unruhige Peter zum Lausbuben entwickelt, habe auch mit einer Art Überlebenswillen zu tun. Sind andere Holocaust-Betroffene oft traumatisiert, kommen dem sympathischen Rotzjungen beim Erzählen als erstes ständig seine Schulstreiche in den Sinn. Natürlich war Peter Fussballfan und Anhänger der ungarischen Fussball-Nationalmannschaft mit Starstürmer Ferenc Puskas. An der legendären Fussball-WM von 1954 allerdings ging Ungarn schmählich gegen Deutschland unter. Die eigentlich traurige Lebensgeschichte ist streckenweise überaus witzig und amüsant zu lesen.
In Zürich lebte die Familie in verschiedenen Wohnungen, bis Peter 1969 seine Braut Sara heiratete und sich im Kreis 3 niederliess. Sein Vater fand zwar, dass sein Sohn diese (tolle) Frau «nicht verdient hat.» Peter übernahm die Autofirma seines Vaters, später eine weitere samt Tankstelle an der Birmensdorferstrasse. Immer wieder schimmert im Buch jüdischer Humor und Lakonie durch. Etwa wenn die Autorin den Protagonisten so charakterisiert: «Heute wohnt Peter in Zürich-Wiedikon, er ist strenggläubig, bezeichnet sich selbst als Schweizer Bünzli und hat zehn Kinder.»
Die Würdigung durch die offizielle Politik erfolgte im Januar 2020, als Peter Iczkovits nach Bern fährt, um an einem Empfang von 50 Schweizer Holocaust-Überlebenden durch Justizministerin Simonetta Sommaruga teilzunehmen. Er wartet, bis sich die Gelegenheit ergibt, die Bundespräsidentin anzusprechen. Dann klaubt er aus der Innentasche seines Jacketts eine Rechnung von 5562 Franken, die er ihr übergibt. Es ist jene Rechnung, die die Eidgenossenschaft 1954 an Vater Alfred geschickt hat: Gebühren für die Aufnahme von Peter, seiner Schwester und seiner Mutter in die Schweiz. Sommaruga bedankt sich freundlich und nimmt das Dokument als Erinnerung entgegen.
Abwechslungsreich werden Jugend, Schulzeit, Familie und der Eintritt ins Berufsleben geschildert. Dass sich der aufgeweckte, etwas unruhige Peter zum Lausbuben entwickelt, habe auch mit einer Art Überlebenswillen zu tun. Sind andere Holocaust-Betroffene oft traumatisiert, kommen dem sympathischen Rotzjungen beim Erzählen als erstes ständig seine Schulstreiche in den Sinn. Natürlich war Peter Fussballfan und Anhänger der ungarischen Fussball-Nationalmannschaft mit Starstürmer Ferenc Puskas. An der legendären Fussball-WM von 1954 allerdings ging Ungarn schmählich gegen Deutschland unter. Die eigentlich traurige Lebensgeschichte ist streckenweise überaus witzig und amüsant zu lesen.
In Zürich lebte die Familie in verschiedenen Wohnungen, bis Peter 1969 seine Braut Sara heiratete und sich im Kreis 3 niederliess. Sein Vater fand zwar, dass sein Sohn diese (tolle) Frau «nicht verdient hat.» Peter übernahm die Autofirma seines Vaters, später eine weitere samt Tankstelle an der Birmensdorferstrasse. Immer wieder schimmert im Buch jüdischer Humor und Lakonie durch. Etwa wenn die Autorin den Protagonisten so charakterisiert: «Heute wohnt Peter in Zürich-Wiedikon, er ist strenggläubig, bezeichnet sich selbst als Schweizer Bünzli und hat zehn Kinder.»
Die Würdigung durch die offizielle Politik erfolgte im Januar 2020, als Peter Iczkovits nach Bern fährt, um an einem Empfang von 50 Schweizer Holocaust-Überlebenden durch Justizministerin Simonetta Sommaruga teilzunehmen. Er wartet, bis sich die Gelegenheit ergibt, die Bundespräsidentin anzusprechen. Dann klaubt er aus der Innentasche seines Jacketts eine Rechnung von 5562 Franken, die er ihr übergibt. Es ist jene Rechnung, die die Eidgenossenschaft 1954 an Vater Alfred geschickt hat: Gebühren für die Aufnahme von Peter, seiner Schwester und seiner Mutter in die Schweiz. Sommaruga bedankt sich freundlich und nimmt das Dokument als Erinnerung entgegen.
Das Buch von Katrin Schregenberger «Rettung vom Totenwagen», Zytglogge Verlag, Basel
2024, 280 Seiten mit vielen Fotos, ist erhältlich zum Preis von CHF 32 direkt beim Verlag oder in grösseren Buchhandlungen.