Wer kennt nicht das Schwarzpeter-Spiel? Ein lustiger Zeitvertreib im Familienalltag oder auch unter Erwachsenen. Der Schwarze Peter im berühmten Kartenspiel wird vom einen
Spieler zum nächsten weitergereicht, bis ihn der Letzte in der Hand hält. Ätsch, verloren! Klar, heute unter woken Umständen ist die Figur eher verpönt. Doch das lustige
Kinderspiel wird auch in der Politik gespielt. Zum Beispiel im fast fünfjährigen Trauerspiel um den Friedhof Sihlfeld.
Kurzer Rückblick. Seit Frühjahr 2020 führt der Quartierverein eine fortlaufende Chronik «Zuschriften zum Friedhof Sihlfeld». Stand Juli 2024 umfasst sie rund 150 Einträge: 77 Zuschriften/Telefone/Meldungen an den Quartierverein und 67 Leserbriefe in Printmedien und auf Online-Portalen (siehe Kasten am Schluss). Die Liste ist unvollständig. Wiederholt haben wir sie an Stadtpräsidentin Corine Mauch und den Leiter Bestattungs- und Friedhofamt Rolf Steinmann, später an dessen Nachfolger Bruno Bekowies geschickt. Zudem an zahlreiche andere Verantwortliche des Friedhofs und der Stadtverwaltung.
Kurzer Rückblick. Seit Frühjahr 2020 führt der Quartierverein eine fortlaufende Chronik «Zuschriften zum Friedhof Sihlfeld». Stand Juli 2024 umfasst sie rund 150 Einträge: 77 Zuschriften/Telefone/Meldungen an den Quartierverein und 67 Leserbriefe in Printmedien und auf Online-Portalen (siehe Kasten am Schluss). Die Liste ist unvollständig. Wiederholt haben wir sie an Stadtpräsidentin Corine Mauch und den Leiter Bestattungs- und Friedhofamt Rolf Steinmann, später an dessen Nachfolger Bruno Bekowies geschickt. Zudem an zahlreiche andere Verantwortliche des Friedhofs und der Stadtverwaltung.
Die Antworten, manchmal voneinander abgeschrieben, lauteten: «Wir danken Ihnen und Ihren Kolleg*innen im Vorstand des Quartiervereins für Ihr Engagement . . .» etc. Doch:
«Seit Herbst 2020 hat die Stadt Zürich verschiedene zielgerichtete Massnahmen ergriffen, um den Friedhof Sihlfeld als einen Ort der Einkehr und Trauer für Hinterbliebene zu
schützen. Eine Schliessung in der Nacht erachtet der Stadtrat nach wie vor nicht als zielführende Massnahme.» Er überwache aber die Situation auf dem Friedhof und stütze sich auf
das Postulat GR Nr. 2021/439, das bestimmte Eckwerte vorschreibe. Von den zahlreichen Vorstössen im Gemeinderat der letzten Jahre bezieht sich die Stadtpräsidentin in ihrem
Brief vom 14. März 2023 nur auf einen einzigen: ein SP-Postulat vom 31.8.2022, das eine durchgehende Öffnung des Friedhofs gefordert hatte und nur äusserst knapp (56 Ja zu 53
Nein) angenommen worden war. Hier ist er: der Schwarzpeter für den Quartierverein! Ein Schelm, wer Böses denkt . . .
Redeverbot für Bruno Bekowies?
Zurück in die Gegenwart. Am 14. Mai 2024 erläutert Bruno Bekowies, zur Zeit
Leiter Kompetenzzentrum Bestattungs- und Friedhofamt, in einem grösseren Artikel des
Tages-Anzeigers, warum sich «Schweizer Friedhöfe leeren» und welche neuen Nutzungen geprüft würden: etwa ein Themengrab «Regenbogen für die queere Gemeinschaft»,
Naturbestattungen, Räume für Biodiversität usw. Kein Wort jedoch verliert Bekowies über die aktuellen Nutzungskonflikte («störende Phänomene») auf dem Friedhof Sihlfeld.
Deshalb wendet sich Quartiervereinspräsident Urs Rauber mit verschiedenen Fragen an Bekowies (Schreiben des Quartiervereins vom 15.05.2024).
Nach drei Wochen trifft per Post ein Brief ein – nicht von Bekowies, sondern direkt vom Zürcher Präsidialdepartement. Der oberste Kommunikationschef der Stadtpräsidentin Lukas Wigger antwortet stellvertretend dem Quartierverein: floskelhaft, abwimmelnd, die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortend und auf «die bekannten Positionen des Stadtrats» verweisend. Rote Karte – sprich: Schwarzpeter Nummer 2.
Nach drei Wochen trifft per Post ein Brief ein – nicht von Bekowies, sondern direkt vom Zürcher Präsidialdepartement. Der oberste Kommunikationschef der Stadtpräsidentin Lukas Wigger antwortet stellvertretend dem Quartierverein: floskelhaft, abwimmelnd, die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortend und auf «die bekannten Positionen des Stadtrats» verweisend. Rote Karte – sprich: Schwarzpeter Nummer 2.
Darf Bekowies, der in allen Zürcher Medien auftritt, dem Quartierverein keine Auskunft mehr geben? Am 17.
Juni schreibt QV-Präsident Rauber dem Präsidialdepartement und bittet, Bruno Bekowies von seinem – offenbar verhängten – Maulkorb zu befreien (Schreiben des Quartiervereins vom 17.06.2024). Scharf rügt er das Vorgehen von Mauchs Mediensprecher,
der seinen Job «im Geiste von PR-Fassadenputzern erledigt habe: auf klare Fragen keine konkrete Antwort geben, abwimmeln, einen Nebenpunkt hervorheben, den Fragesteller belehren
und immer freundlich bleiben.»
Hoffnung auf frischen Wind mit neuem Chef
Dazu schweigt das Präsidialdepartement bis heute. Nach einer Woche meldet sich plötzlich eine neue Person: «Mein Name ist
Yannick Landolt, und seit April (2024) arbeite ich als Leiter des Bestattungsamtes der Stadt Zürich». Er möchte gerne den Präsidenten des
Quartiervereins persönlich kennenlernen – auf dem Friedhof Sihlfeld. Ein nachgeliefertes Organigramm zeigt, dass die Friedhofsverwaltung (BFA) inzwischen aus- und umgebaut
wurde. Hat jemand die alte Spielrunde beendet und ein neues Kartenset aufgelegt? Beim Quartierverein keimt Hoffnung auf.
Am 4. Juli findet ein Treffen mit dem neuen BFA-Chef Yannick Landolt und Bekowies’ Stellvertreter Samuel Müller statt. Vom Quartierverein sind neben dem Präsidenten drei Grabmieter anwesend. Das rund anderthalbstündige Gespräch mit einer Begehung vor Ort ist freundlich, konstruktiv und angenehm. Irritierend für die QV-Delegierten ist einzig, dass die früheren Verbotstafeln (kein Velofahren, kein Joggen, kein Hundefreilauf, keine Badekleidung, kein Abfall) komplett verschwunden sind. Auf die Frage, warum und wer diese Tafeln abmontiert habe, weiss BFA-Leiter Landolt keine Antwort. Neues Spiel, alter Joker? Wieder stehen Trauernde mit einem Schwarzpeter (Nummer 3) da.
Am 4. Juli findet ein Treffen mit dem neuen BFA-Chef Yannick Landolt und Bekowies’ Stellvertreter Samuel Müller statt. Vom Quartierverein sind neben dem Präsidenten drei Grabmieter anwesend. Das rund anderthalbstündige Gespräch mit einer Begehung vor Ort ist freundlich, konstruktiv und angenehm. Irritierend für die QV-Delegierten ist einzig, dass die früheren Verbotstafeln (kein Velofahren, kein Joggen, kein Hundefreilauf, keine Badekleidung, kein Abfall) komplett verschwunden sind. Auf die Frage, warum und wer diese Tafeln abmontiert habe, weiss BFA-Leiter Landolt keine Antwort. Neues Spiel, alter Joker? Wieder stehen Trauernde mit einem Schwarzpeter (Nummer 3) da.
Trotzdem bedankt sich der QV-Präsident einige Tage später und schlägt ein Vier-Punkte-Programm vor (Schreiben des Quartiervereins vom 15.07.2024):
Keine Fehlnutzung? Uns bleibt nichts als Kopfschütteln. Diesmal geben wir den Schwarzpeter zurück und belegen die störenden Vorfälle mit Mitteilungen, die der Quartierverein im letzten Halbjahr 2024 erhalten hat (siehe Kasten).
- Es brauche wieder Klarheit darüber, welchen Zweck ein Friedhof erfülle, und den Mut, bestehende Regeln durchzusetzen
- Die neue Friedhofleitung solle mit ihrem Amtsantritt ein klares Zeichen setzen
- Sinnvolle Regeln seien künftig mit Betroffenen in der Praxis zu erproben statt am grünen Tisch auszuhecken
- Der Quartierverein schlägt einen neuen konstruktiven Dialog zwischen Quartierbevölkerung und Friedhofsverwaltung vor.
Keine Fehlnutzung? Uns bleibt nichts als Kopfschütteln. Diesmal geben wir den Schwarzpeter zurück und belegen die störenden Vorfälle mit Mitteilungen, die der Quartierverein im letzten Halbjahr 2024 erhalten hat (siehe Kasten).
«Unfassbare Zustände»
Nr. 74
«In letzter Zeit habe ich das Gefühl, ich sei auf einem Sportplatz. Zwischen den Gräbern und neben den Gräbern wird rücksichtslos vorbei gejoggt im Sommer, die Kleidung lässt zu wünschen übrig. Leider gibt es keine Aufsicht, die sich damit auseinandersetzt und die Leute zurechtweist. Die Beschriftungen sind viel zu klein, kaum lesbar. Ich wünsche mir wie viele andere Leute, dass sich endlich etwas ändert.»
(Jörg A., 7. März 2024)
Nr. 75
«Gestern musste ich konsterniert feststellen, dass auf unserem Grab Blumen entwendet wurden. Der Inhalt von zwei Töpfen war verschwunden. Zur gleichen Zeit war eine Familie nur ein paar Meter entfernt anwesend, deren Kerzen anscheinend regelmässig verschwinden. Als sie dies beim Friedhofamt meldete, meinte man, die Krähen seien eben oft am Werk … Die Familie kaufte in der Folge einen schmiedeisernen Deckel für die gläserne Kerzenummantelung, worauf die neue Kerze wieder verschwand. Diesmal wird es schwieriger, die Krähen als billige Ausrede beizuziehen.»
(Phillip S., 13. Mai 2024)
Nr. 76
«Mein Mann ist im März 2022 verstorben, seine Urne wurde im Familiengrab in der Nähe des Alten Krematoriums beigesetzt. Dort sind auch meine Schwiegereltern begraben. Seit dem Jahr 2023 wurden die Zustände auf dem Friedhof schlimmer, vor allem die letzten drei Monate (seit März 2024) gab es ständig Probleme. Immer wieder wurden von unserem Grab Kerzen gestohlen, danach stellten wir die Kerzen in Laternen. Seit auch diese verschwunden sind, habe ich nun einen steinernen Sockel dafür bestellt. Wir waren auf der Polizeiwache in Wiedikon und bei der Friedhofsverwaltung. Überall hat man uns gesagt, wir hätten keine Chance, dass der Friedhof nachts geschlossen werde. Muss ich denn eine Überwachungskamera installieren, damit unser Grab in Ruhe gelassen wird?»
(Tamaliya W., 12. Juli 2024)
Nr. 144
«Es ist unfassbar, was wir beim Grabbesuch im Bereich D immer wieder antreffen: Neben der Abdankungskapelle ist bei den Herren-WCs die Kabine geschlossen. Das Geschäft wird ins Pissoir verrichtet. Steht man am Grab, fahren uns die Velos um die Ohren. Oder die Jogger springen ungeniert durch den Friedhof, da diese Verbotstafeln von der Friedhofsverwaltung einfach abmontiert wurden ohne Ersatz. Bei den Gemeinschaftsgräbern im D versäubern sich Hunde. Und niemand von der Stadt kümmert sich um dieses pietätlose Verhalten.»
(Clara Jörger, Leserbrief im Tagblatt vom 24. April 2024)
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Die ganze Chronik zum Friedhof Sihlfeld finden Sie hier (16 Seiten).
«In letzter Zeit habe ich das Gefühl, ich sei auf einem Sportplatz. Zwischen den Gräbern und neben den Gräbern wird rücksichtslos vorbei gejoggt im Sommer, die Kleidung lässt zu wünschen übrig. Leider gibt es keine Aufsicht, die sich damit auseinandersetzt und die Leute zurechtweist. Die Beschriftungen sind viel zu klein, kaum lesbar. Ich wünsche mir wie viele andere Leute, dass sich endlich etwas ändert.»
(Jörg A., 7. März 2024)
Nr. 75
«Gestern musste ich konsterniert feststellen, dass auf unserem Grab Blumen entwendet wurden. Der Inhalt von zwei Töpfen war verschwunden. Zur gleichen Zeit war eine Familie nur ein paar Meter entfernt anwesend, deren Kerzen anscheinend regelmässig verschwinden. Als sie dies beim Friedhofamt meldete, meinte man, die Krähen seien eben oft am Werk … Die Familie kaufte in der Folge einen schmiedeisernen Deckel für die gläserne Kerzenummantelung, worauf die neue Kerze wieder verschwand. Diesmal wird es schwieriger, die Krähen als billige Ausrede beizuziehen.»
(Phillip S., 13. Mai 2024)
Nr. 76
«Mein Mann ist im März 2022 verstorben, seine Urne wurde im Familiengrab in der Nähe des Alten Krematoriums beigesetzt. Dort sind auch meine Schwiegereltern begraben. Seit dem Jahr 2023 wurden die Zustände auf dem Friedhof schlimmer, vor allem die letzten drei Monate (seit März 2024) gab es ständig Probleme. Immer wieder wurden von unserem Grab Kerzen gestohlen, danach stellten wir die Kerzen in Laternen. Seit auch diese verschwunden sind, habe ich nun einen steinernen Sockel dafür bestellt. Wir waren auf der Polizeiwache in Wiedikon und bei der Friedhofsverwaltung. Überall hat man uns gesagt, wir hätten keine Chance, dass der Friedhof nachts geschlossen werde. Muss ich denn eine Überwachungskamera installieren, damit unser Grab in Ruhe gelassen wird?»
(Tamaliya W., 12. Juli 2024)
Nr. 144
«Es ist unfassbar, was wir beim Grabbesuch im Bereich D immer wieder antreffen: Neben der Abdankungskapelle ist bei den Herren-WCs die Kabine geschlossen. Das Geschäft wird ins Pissoir verrichtet. Steht man am Grab, fahren uns die Velos um die Ohren. Oder die Jogger springen ungeniert durch den Friedhof, da diese Verbotstafeln von der Friedhofsverwaltung einfach abmontiert wurden ohne Ersatz. Bei den Gemeinschaftsgräbern im D versäubern sich Hunde. Und niemand von der Stadt kümmert sich um dieses pietätlose Verhalten.»
(Clara Jörger, Leserbrief im Tagblatt vom 24. April 2024)
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Die ganze Chronik zum Friedhof Sihlfeld finden Sie hier (16 Seiten).