Quartierverein Wiedikon

Wohnungsboom in Alt-Wiedikon

Ganz Zürich spricht von Wohnungsnot. Etwas untergegangen ist dabei, dass im letzten Jahr im Kreis 3 überdurchschnittlich viele neue Wohnungen erbaut worden sind. Fast jede fünfte Neubauwohnung in der Stadt entstand in Wiedikon – ein Rekordwert der letzten 15 Jahre.

Worauf wir das abstützen? Wer im Quartier wohnt oder arbeitet, läuft täglich an Baugespannen, Baggern und Baukränen vorbei. Der Eindruck, dass im Kreis 3 viel gebaut wird, wird aber auch durch die neusten Zahlen von Statistik Stadt Zürich (SSZ) belegt. Danach sind im Jahr 2024 auf dem ganzen Stadtgebiet 2'630 neue Wohnungen entstanden – was etwa dem langjährigen Durchschnitt von rund 2'000 bis 3'000 Wohnungen pro Jahr zwischen 2009 und 2024 entspricht. Im gleichen Zeitraum nahm die Bevölkerung – mit Ausnahme der zwei Pandemiejahre 2020/2021 – jährlich zwischen 3'000 bis 5'000 Personen zu. Lebten 2009 noch 382'906 Personen in der Stadt Zürich, waren es Ende 2023 exakt 447'082 Bewohnerinnen und Bewohner.

Rege Bautätigkeit im Kreis 3

Am dynamischsten war die Bautätigkeit 2024 in den Kreisen 11 (Zürich Nord / 587 Wohnungen), 2 (Wollishofen / 540) und 3 (Wiedikon / 498). Die 498 Wohnungen im Kreis 3 machen 19 % der neugebauten Stadtwohnungen aus. Der Anteil der Bevölkerung des Kreises 3 (50'950 Personen) an der Gesamtbevölkerung der Stadt Zürich (447'082) beträgt allerdings bloss 11 Prozent. Stand Ende Jahr 2023.

Wo liegen nun die 498 neuen Wohnungen im Kreis 3? Grossmehrheitlich in Alt-Wiedikon (395), ein knappes Fünftel im Sihlfeld (85) und einige wenige im Friesenberg (18). In der historischen Entwicklung hat sich die Bautätigkeit in Wiedikon beschleunigt. Der zweithöchste Wert lag im Jahr 2013 bei 466 Wohnungen, in fast allen übrigen Jahren seit 2009 waren es rund 200 oder weniger Neubauwohnungen. Inzwischen hinterlässt die Verdichtung deutlichere Spuren in Wiedikon.

Schauen wir uns Alt-Wiedikon genauer an. Am meisten schlug die Überbauung zwischen Austrasse und Bahnhof Binz mit 269 Wohnungen zu Buch. Auf dem Hügel des früheren Standorts der Zürich Versicherung entstand das gesamtstädtisch grösste fertiggestellte Projekt im Jahr 2024. Als dieses Projekt noch in Planung war, versprachen die Eigentümer – etwas grossspurig – eine «Waldgartenstadt» auf dem Au-Binz-Areal. Der Quartierverein hat darüber im Juni 2020 berichtet («Waldgartensiedlung statt Bürokomplex beim Bahnhof Binz?»).
Neue achtstöckige Wohntürme zwischen Austrasse und Bahnhof Binz
Neue achtstöckige Wohntürme zwischen Austrasse und Bahnhof Binz
Erschliessung des «Zürich»-Hügels von Au-, Halden- und Wiedingstrasse her
Erschliessung des «Zürich»-Hügels von Au-, Halden- und Wiedingstrasse her
«Casa Binz» neben SZU-Linie an der Binzallee 3 – 9
«Casa Binz» neben SZU-Linie an der Binzallee 3 – 9
Von Wald kann heute keine Rede mehr sein. Statt der projektierten fünf- stehen jetzt achtstöckige Wohntürme auf dem Hügel. Die wenigen Büsche und Sträucher sowie ein kärglicher Spielplatz lassen kaum Naturgefühle aufkommen. Beim Besuch an einem kalten Februarmorgen 2025 dominieren vielmehr Beton, Glas und Stahlträger das Bild. Womit allerdings kein Werturteil über die offenbar gute Qualität der Neubauwohnungen, wie Bewohnerinnen und Bewohner erzählen, gefällt werden soll. Weitere Überbauungen in Alt-Wiedikon sind «The Corner» mit 69 Wohnungen an der Birmensdorferstrasse 313 bis 317 sowie die «Casa Binz» mit 58 Wohnungen in der Binzallee 3 bis 9, direkt neben der Uetlibergbahn SZU.

Im angrenzenden Quartier Sihlfeld wurde 2024 die private Überbauung an der Haldenstrasse 161 - 173 mit 52 Wohnungen fertiggestellt. Sie reicht bis an die Birmensdorferstrasse und hat eine schöne Balkon-Rückseite im Innenhof. Ein weiteres Projekt an der Schaufelbergerstrasse umfasst 33 Wohnungen.

Im Friesenberg schliesslich vergrösserte die Genossenschaft Rotach mit der Siedlung «Triemli 4» ihren Wohnungsbestand um 17 zusätzliche Objekte. Der moderne Holzbau steht gleich oberhalb des Fussballplatzes Heuried.
Neubau Haldenstrasse 167 – 173 Vorderseite
Neubau Haldenstrasse 167 – 173 Vorderseite
Balkone auch im Innenhof – Siedlung Haldenstrasse
Balkone auch im Innenhof – Siedlung Haldenstrasse
Holz-Glashaus «Triemli 4» oberhalb Freizeitanlage Heuried
Holz-Glashaus «Triemli 4» oberhalb Freizeitanlage Heuried

Wem gehören die Neubauwohnungen?

Interessant sind auch die von SSZ publizierten Daten über die Eigentümerschaft dieser Neubauwohnungen. Von den 498 Wohnungen im Kreis 3 gehören:
  • der öffentlichen Hand (Stadt + Kanton Zürich) 0
  • Wohnbaugenossenschaften 17
  • privaten Gesellschaften (Pensionskassen, Stiftungen, AG, Vereine) 423
  • natürlichen Personen 58
  • Stockwerkeigentümern 0
Mit anderen Worten: Die im Kreis 3 neu erstellten Wohnungen sind zu 96 % im Eigentum privater Vermieter, nur 4 % gehören Genossenschaften. Keine einzige Wohnung ist im Besitz der öffentlichen Hand oder von Stockwerkeigentümern.

Gesamtstädtisch gesehen ist die Eigentumsverteilung allerdings deutlich anders. Von den 2'630 neuen Wohnungen gehören 317 (12 %) der öffentlichen Hand, 583 (22 %) Wohnbaugenossenschaften, 1'275 (48 %) privaten Gesellschaften, 271 (10 %) natürlichen Personen und 184 (7 %) Stockwerkeigentümern. In der Stadt gehören damit 65 % der Neuwohnungen privaten Vermietern und 34 % Wohnbaugenossenschaften oder der öffentlichen Hand.

Fairerweise muss festgehalten werden, dass die Anzahl neuer Wohnungen im Quartier zwar erfreulich ist, die Nachfrage jedoch nicht befriedigt und die Mietpreise dadurch (noch) nicht billiger werden. Immerhin ist das deutlich grössere Angebot für Wohnungssuchende im Quartier ein Lichtblick. Auch der Blick in die Zukunft ist vielversprechend, sind doch am 31.12.2024 im Kreis 3 weitere 425 Wohnungen bereits im Bau, die 2025 fertiggestellt werden dürften. Und am gleichen Stichtag sind 1'569 neue Wohnbauprojekte bewilligt – das sind gar 21% aller in der Stadt bewilligten Neubauwohnungen. Wiedikon setzt sich damit an die Spitze, wir freuen uns darüber.