Vor über zwei Jahren, mitten in der Pandemie im Februar 2021, meldeten sich erste besorgte Stimmen beim Quartierverein:
ein betroffener Anwohner, ein Rechtsanwalt, der Baueingaben liest, ein Eigenheimbesitzer, der vor Enteignungen warnte. Die Sihltal Zürich Uetliberg Bahn (SZU) skizzierte in einem
Hochglanzprospekt vom Frühjahr 2021 neue Herausforderungen für die Bahn und versprach durch den Nebau einer doppelspurigen Haltestelle Friesenberg «per Ende 2023» grossen Mehrwert
für die Reisenden zu schaffen: behindertengerechte Perrons, Zeitgewinn, mehr Sicherheit, bessere Anbindung ans Verkehrsnetz und so weiter.
Inzwischen sind die Bauarbeiten weit fortgeschritten. Doch statt Euphorie herrscht Ärger, Frust und Verunsicherung. Ein grosser Teil der Anwohnerschaft tut sich schwer mit
dem unglücklichen Bahnhofsprojekt in einem hoch verdichteten Wohngebiet. Der erste gewaltige Sturm brach im August 2022 los, als der «Triumphbogen am Friesenberg» in seiner
schieren Grösse die Friesenbergstrasse überspannte: Plötzlich «verzierten» 32 zusätzliche Tonnen Stahl, Kabel und Beton das Quartier. Als «Monster», «Schandmal» oder
«Schiffshebewerk, das man als touristische Attraktion vermarkten könnte» wurde das Umstromungskonstrukt bezeichnet.
Nicht zuletzt auf Drängen des Quartiervereins informierte die SZU an einer stark besuchten Anwohnerveranstaltung vom 3. November über den Stand der Dinge. Zwar hatte die SZU auf ein kontradiktatorisches Podium wie ursprünglich geplant verzichtet, doch informierte sie mit bemerkenswerter Offenheit. «Wir müssen das Kreuzungsprojekt nochmals anschauen», räumte SZU-Direktor Mischa Nugent ein. Es wurden Verfahrensfehler bei der Ausschreibung eingeräumt, zudem bezeichnete die SZU selbst das Konstrukt als «überdimensioniert». Technisch allerdings schwärmten die Baufachleute von einem «schweizweit einmaligen Kreuzungssystem», das bald funktionieren werde.
Doch die nächsten Probleme tauchten anfangs April 2023 auf, als die SZU in einem internen Bericht gravierende Mängel auflistete. Er enthält eine geballte Ladung Selbstkritik. Erstmals wurde festgestellt, dass das federführende Bundesamt für Verkehr (BAV) bei der Ausschreibung im Frühjahr 2022 Verfahrensfehler begangen hatte. In der Folge beschloss die SZU:
An der zweiten Anwohnerversammlung vom 10. Mai 2023 im Kirchgemeindehaus Bühl sprach SZU-Direktor Nugent Klartext:
Nicht zuletzt auf Drängen des Quartiervereins informierte die SZU an einer stark besuchten Anwohnerveranstaltung vom 3. November über den Stand der Dinge. Zwar hatte die SZU auf ein kontradiktatorisches Podium wie ursprünglich geplant verzichtet, doch informierte sie mit bemerkenswerter Offenheit. «Wir müssen das Kreuzungsprojekt nochmals anschauen», räumte SZU-Direktor Mischa Nugent ein. Es wurden Verfahrensfehler bei der Ausschreibung eingeräumt, zudem bezeichnete die SZU selbst das Konstrukt als «überdimensioniert». Technisch allerdings schwärmten die Baufachleute von einem «schweizweit einmaligen Kreuzungssystem», das bald funktionieren werde.
Doch die nächsten Probleme tauchten anfangs April 2023 auf, als die SZU in einem internen Bericht gravierende Mängel auflistete. Er enthält eine geballte Ladung Selbstkritik. Erstmals wurde festgestellt, dass das federführende Bundesamt für Verkehr (BAV) bei der Ausschreibung im Frühjahr 2022 Verfahrensfehler begangen hatte. In der Folge beschloss die SZU:
- Das Bauprojekt wird erneut ausgeschrieben
- Das Stahlkonstrukt wird einer statischen Prüfung unterzogen.
- Die «überdimensionierte» Tragstruktur wird durch ästhetische Massnahmen verbessert.
- Am Schluss des Zwischenberichts räumten die Verfasser ein, dass «die technische Funktionalität des Kreuzungsbauwerks bis heute nicht den Erwartungen von VBZ und SZU entspricht»
An der zweiten Anwohnerversammlung vom 10. Mai 2023 im Kirchgemeindehaus Bühl sprach SZU-Direktor Nugent Klartext:
- «Infolge fehlender Funktionalität ist das Bauwerk noch nicht abgenommen und rechtlich weiterhin im Besitz des Lieferanten.»
- «Gemäss Werkliefervertrag ist der Lieferant verpflichtet, das Bauwerk so lange zu optimieren, bis es die vertraglich vereinbarten Anforderungen erfüllt.»·
- «Es ist unklar, ob die Vertragserfüllung überhaupt möglich ist.»
- «Eine schnelle Lösung zeichnet sich nicht ab, da alle Ansätze mit Randbedingungen verbunden sind.»
Lieferant des nach 10 Monaten immer noch nicht funktionierenden Stahlgerüsts ist die Firma Kummler+Matter AG, ein
schweizweit tätiges Unternehmen in Energieversorgung, Verkehrstechnik und Telecom. Nugent betonte, dass Lieferant, VBZ und SZU gemeinsam nach Lösungen suchten, «rasch möglichst den Rückbau zu ermöglichen.» Doch immer noch geht die SZU davon aus, dass dies erst «circa 2032» realistisch sei. In neun Jahren – wie
stellt sich die Bahn das vor? Weiterhin unbeantwortet bleibt die Frage nach den Sicherheitsrisiken.
Der Mut zur Offenheit ist der SZU sicherlich anzurechnen. Doch das Fazit aus dieser Situation, das niemand an der Anwohnerversammlung schonungslos ziehen wollte, bedeutet: Nicht nur muss das ganze Baubewilligungsverfahren neu aufgegleist werden. Nein, das 32 Tonnen schwere Stahlkonstrukt funktioniert zehn Monate nach seinem Aufbau immer noch nicht. Mehr noch: das Bauwerk ist gar noch nicht im Besitz der SZU. Was unrechtmässig erstellt, überdimensioniert gebaut und technisch nicht einsatzbereit ist, kann aus Sicht des Quartiervereins nur als Desaster beurteilt werden.
Erstaunlicherweise hat bisher erst eine grosse Schweizer Zeitung dazu publiziert: die NZZ am 20. Mai. Ein weiterer Artikel ist in der Lokalzeitung «Zürich West» vom 25. Mai erschienen. Die Berichte des Quartiervereins sind hier zu finden:
Wie lange bleibt das Verkehrsmonster an der Friesenbergstasse? (Foto Zürich West/Lisa Maire)
Der Mut zur Offenheit ist der SZU sicherlich anzurechnen. Doch das Fazit aus dieser Situation, das niemand an der Anwohnerversammlung schonungslos ziehen wollte, bedeutet: Nicht nur muss das ganze Baubewilligungsverfahren neu aufgegleist werden. Nein, das 32 Tonnen schwere Stahlkonstrukt funktioniert zehn Monate nach seinem Aufbau immer noch nicht. Mehr noch: das Bauwerk ist gar noch nicht im Besitz der SZU. Was unrechtmässig erstellt, überdimensioniert gebaut und technisch nicht einsatzbereit ist, kann aus Sicht des Quartiervereins nur als Desaster beurteilt werden.
Erstaunlicherweise hat bisher erst eine grosse Schweizer Zeitung dazu publiziert: die NZZ am 20. Mai. Ein weiterer Artikel ist in der Lokalzeitung «Zürich West» vom 25. Mai erschienen. Die Berichte des Quartiervereins sind hier zu finden:
- Neuer Triumphbogen am Friesenberg (2. August 2022)
- «Wir müssen das Kreuzungsprojekt nochmals anschauen» (9. November 2022)
- Bröckelt der «Triumphbogen am Friesenberg»? (13. April 2023)
Wie lange bleibt das Verkehrsmonster an der Friesenbergstasse? (Foto Zürich West/Lisa Maire)